Teppichherstellung


Das Knüpfen eines Perserteppichs … 

 … ist eine der ältesten Handwerkskünste der Menschheit, die noch heute von mehreren Hundertausend Menschen im Iran alltäglich vollbracht wird. 

Bis ein Perserteppich seinen Weg vom Knüpfstuhl über die Ausstellungsräume eines Einzelhändlers hin zur Aufmerksamkeit eines Kunden findet, sind allerdings viele Menschen an der Fertigstellung beteiligt. Dabei spielt es keine Rolle, um was für eine Art von Perserteppich es sich handelt, ob fein oder grob, groß oder klein, rot oder blau – alle Teppiche unterliegen der gleichen Fertigungskette. 

Zunächst wird die Auswahl der Wolle getroffen. Die einheimischen Schafe der jeweiligen Teppichprovenienz dienen hierzu als begehrte Bezugsquelle. Nachdem die Wolle geschoren ist, wird sie in aufwendiger Arbeit von Hand versponnen (vgl. Abbildung 01). 

In schonender Wäsche wird die versponnene Wolle anschließend gereinigt. Nach dem Trocknen wird sie wiederum selektiert. Dunklere Wollfäden werden von helleren getrennt. Die helle Wolle wird ausschließlich für die hellen Teppiche verwendet. Die dunklere Wolle wird in mehreren Schritten gefärbt, bis die Wolle die gewünschte Farbe angenommen hat (vgl. Abbildung 02). 

Es gibt zwei unterschiedliche Knüpfstühle im Iran. Zum einen den an einem Ort verbleibenden und am häufigsten vorkommenden „aufrechten Knüpfstuhl“ und zum anderen den von den Nomaden genutzten „waagerechten Knüpfstuhl“, der aufgerollt wird und somit mobil ist. Beide Knüpfstühle werden vor dem Knüpfen entsprechend der Größe des Teppichs ausgerichtet und mit dem Grundgewebe, den Kettfäden, aufgespannt. Die Kettfäden bestehen meist aus Baumwolle, Wolle, Seide oder auch Ziegenhaar. Die Knüpferin oder der Knüpfer arbeitet meistens alleine an einem Teppich – bei großen anspruchsvollen Teppichen wird gemeinschaftlich gearbeitet. 

Alle Perserteppiche werden in Heimarbeit geknüpft, bei mehreren an einem Teppich beteiligten Personen (bis zu 8 Personen) werden die Teppiche in einer nachbarschaftlich organisierten Knüpfwerkstatt gefertigt. 

Der häufigste Knoten ist der symmetrische Knoten, auch türkischer Knoten genannt. In manchen Provenienzen wird der asymmetrische Knoten oder persische Knoten verwendet. Die Namen der Knoten haben keinen geographischen Bezug, sondern sind den dominierenden Volksstämmen der Fars (Perser) und Turk (Aserbaidschaner, Ghashghayi) sprechenden Menschen geschuldet. 

Der Iran ist ein Vielvölkerstaat, in dem neben den Persern auch Aserbaidschaner (Azeri), Kurden, Luren, Araber und Ghashghayi-Nomaden über das gesamte Landesgebiet leben. Die Menschen leben in Familien, in denen seit Generationen das Knüpfen von Teppichen als grundlegendes Element des alltäglichen Lebens betrachtet wird. Die große künstlerische Bedeutung, die diese herausragende Kultur darstellt, ist über Jahrhunderte hinweg authentisch geblieben. Noch heute sitzen Knüpfer an Knüpfstühlen, die denen vor einhundert Jahren gleichen. Die verwendete Technik ist ebenso dieselbe wie die Materialien. 

Die Teppiche werden ausschließlich mit Knoten geknüpft. Nach jeder Knotenreihe wird ein Schussfaden durch die Kettfäden (Grundgewebe) gefädelt. Der Schussfaden dient als Stabilisator. Mit einem hölzernen oder metallernen Kamm werden Schussfaden und Knoten niedergeklopft (vgl. Abbildung 04). Sowohl Frauen als auch Männer knüpfen Perserteppiche. In den ländlichen Regionen und bei den Nomaden sitzen überwiegend die Frauen an den Knüpfstühlen, während die Männer tagsüber das Land bewirtschaften. 

Traditionelle persische Teppichknüpfkunst 

Das Teppichknüpfen ist keine Haupteinnahme, sondern meistens ein Zubrot für die Familie. Natürlich müssen gewisse wirtschaftliche Voraussetzungen gegeben sein, denn die Wolle, das Grundgewebe und das Werkzeug muss erst einmal gekauft werden. Über den Zeitraum der Fertigung (ein halbes, ein ganzes oder zwei Jahre und mehr) finanziert der Knüpfer seinen Teppich vor. Sein Geld bekommt er erst bei Fertigstellung. Diese eigenständige Fertigung von Teppichen durch die Knüpfer hat die persische Knüpftradition über Jahrhunderte geprägt. 

Die schier unermessliche Kreativität der Knüpfer und deren beeindruckend endlos erscheinende Vielfalt an Perserteppichen dienen vielen anderen Ursprungsländern, wie beispielsweise Indien oder Pakistan, als Vorlagen für Nachknüpfungen. 

Bei der Unterteilung der Provenienzen spricht man in der Regel von Stadtteppichen, Bauernteppichen und Nomadenteppichen. Es ist keine qualitative Bezeichnung, sondern lediglich eine Oberbegriff für die örtliche Zuordnung. Stadtteppiche werden meist nach Vorlagen auf Millimeterpapier (Karton) oder nach einem Musterstück (Wagireh) geknüpft. Dorf- und Nomadenteppiche sind freischöpferische Erzeugnisse, geprägt durch die Jahrhunderte alten überlieferten Muster und ausgeschmückt mit persönlichen Eingebungen. 

In den Städten fällt die Fertigung von großen Teppichen leichter, da hier größere Räumlichkeiten vorhanden sind als in den ländlichen Gebieten. Große Formate sind Teppiche von mehr als 6 Quadratmetern, die mitunter in den Dörfern nur im Freien herzustellen sind (vgl. Abbildung 05). 

Die Fertigungsdauer eines Teppichs ist immer von der Größe und Feinheit abhängig. Die ungefähre Fertigungsdauer für einen Quadratmeter Teppich kann wie folgt dargestellt werden: 

Teppich bis...
120.000 Knoten pro qm
ca. 1 Monat
200.000 Knoten pro qm
ca. 2 Monate
450.000 Knoten pro qm
ca. 4 Monate
650.000 Knoten pro qm
ca. 6 Monate
1.000.000 Knoten pro qm
ca. 12 Monate
(Bemessungsgrundlage für die Berechnung: eine Person mit einer Arbeitszeit von ca. 40 Wochenstunden) 

Nachdem ein Teppich fertigstellt ist und vom Knüpfstuhl genommen wurde, verkauft der Knüpfer seinen Teppich auf dem nächstgelegenen Bazar an den meist bietenden Händler. Der Käufer setzt nun die Fertigungskette fort. Zunächst wird der Teppich per Hand geschoren (vgl. Abbildung 06). Der kurzgeschorene Flor lässt nun zum ersten Mal das Muster zur vollen Geltung kommen. Die klaren Konturen der Ornamentik und die Farbfülle der Wolle sind das Ergebnis des Eifers eines über viele Monate bzw. Jahre geknüpften Perserteppichs. 

Hiernach erfolgt die wichtigste Prozedur: die Wäsche. In mehreren Waschgängen wird der Teppich gründlich von Staub und Schmutzpartikeln befreit. Die Teppichwäscher bearbeiten den Teppich mit ihren speziellen Bürsten in großen Wasserbecken. Das flortiefe Spülen und stetige Ausklopfen lassen die Teppiche durch den natürlichen Fettgehalt der Wolle besser glänzen. In der Regel sind zwei bis drei Waschgänge notwendig. Die Sonnenstrahlen sorgen unter anderem dafür, dass die überschüssigen Farben in ihrer Intensität reduziert werden. Drei bis sieben Tage liegen die Teppiche im Freien. 

Anschließend durchlaufen die Perserteppiche im sogenannten Finishing das letzte Glied der Fertigungskette. Die Seitenrandbefestigung (Schirazi) wird neu umkettelt, mit der Technik des sogenannten Dogereh werden zwei Kettfäden mit einer Schlinge an der Abschlusskante des Teppichs befestigt (vgl. Abbildung 07). Noch herausragende Schussfäden (Sarnakh) werden entfernt und kleinere Korrekturen vorgenommen, wie zum Beispiel das Feinscheren der Außenkante (vgl. Abbildung 08). Wenn die Wolle geschmeidig glänzt, die Farben in Harmonie strahlen, die Fransen und Seitenränder sorgsam befestigt sind und der Flor eben geschoren ist, ist das Kunsthandwerk Perserteppich vollbracht. 

Weitere Informationen 

Veranschaulichung der einzelnen Arbeitsschritte bei der Herstellung eines Perserteppiches in Bildern – von der Auswahl der geeigneten Wolle bis zur Fertigstellung des handgeknüpften Perserteppiches, vergeht viel Zeit.
Abbildung 1: Die Wolle wird selektiert, d. h. dunklere Wollfäden werden von helleren getrennt.
Abbildung 2: Die Färbung der Wolle erfolgt in mehreren Schritten, bis die gewünschte Farbe erreicht ist.
Abbildung 3a: Der häufigste Knoten ist der symmetrische Knoten, auch türkischer Knoten genannt.
Abbildung 3b: In manchen Provenienzen wird der asymmetrische Knoten oder persische Knoten verwendet.
Abbildung 4: Eine Teppichknüpferin in der typischen Arbeitshaltung, hier beim Niederklopfen der Knoten mit einem metallernen Kamm am waagerechten Knüpfstuhl.
Abbildung 5: Große Teppichformate (ab 6 qm) benötigen größere Räumlichkeiten, daher werden sie mitunter in Dörfern nur im Freien hergestellt.
Abbildung 6: Der Teppich wird per Hand geschoren, um das Muster des Teppiches zur vollen Geltung kommen zu lassen.
Abbildung 7: Die sog. Dogereh Technik, bei der zwei Kettfäden mit einer Schlinge an der Abschlusskante des Teppichs befestigt werden.
Abbildung 8: Noch herausragende Schussfäden (Sarnakh) werden entfernt und kleinere Korrekturen vorgenommen, wie zum Beispiel das Feinscheren der Außenkante.